Christina bewegt

Christina bewegt

Lipödem aus der Sicht der TCM - Die Milz um Fokus

Vielleicht hast du dich schon viel mit dem Lipödem beschäftigt und weißt, was die Schulmedizin dazu sagt: eine chronische Fettverteilungsstörung, die meist an Beinen, Hüfte oder Armen auftritt. Betroffene erleben oft nicht nur ein ungleichmäßiges Erscheinungsbild, sondern auch Schmerzen, Druckempfindlichkeit, ein Schweregefühl und die Neigung zu blauen Flecken.

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) betrachtet Beschwerden wie das Lipödem aus einer ganz anderen Perspektive: Sie fragt, wo das innere Gleichgewicht gestört ist, und schaut auf die zugrunde liegenden Funktionskreisläufe.

Wie funktioniert unser „Körper-System“ aus TCM-Sicht?

Die Traditionelle Chinesische Medizin beschreibt den Verdauungsprozess nicht nüchtern in Zahlen und Fakten, sondern in lebendigen Bildern. Man könnte sagen: Das, was wir zu uns nehmen, beginnt seine Reise ganz oben, wo es in unseren Körper gelangt. Im Magen wird die Nahrung wie in einem großen Kochtopf erwärmt und vorbereitet, sodass sie weich, bekömmlich und verdaubar wird. Von dort aus übernimmt die Milz die zentrale Rolle: Sie ist wie eine sorgsame Filtermeisterin, die das Klare vom Trüben trennt, die feine Essenz herauslöst und das Unbrauchbare beiseitelegt. Damit diese Arbeit gelingt, braucht es Ordnung im gesamten System – und hier kommt die Leber ins Spiel. Sie sorgt wie eine wachsame Verkehrspolizistin dafür, dass alles seinen richtigen Weg findet, dass Ströme nicht ins Stocken geraten, sondern fließen. Doch selbst die beste Köchin und die strengste Polizistin wären machtlos, wenn nicht die Niere im Hintergrund das nötige Grundfeuer liefert – ein inneres Glutbett, das das ganze Räderwerk am Laufen hält.

Warum normale Blutwerte nicht immer Gesundheit bedeuten

Wenn all diese Kräfte harmonisch zusammenspielen, entsteht daraus etwas Kostbares: reine Energie, das sogenannte Qi, das uns nährt, stärkt und lebendig macht. Ebenso bilden sich klare Körpersäfte, die ungehindert durch alle Bahnen zirkulieren und so unsere Gesundheit und Leichtigkeit bewahren.
Wichtig ist dabei zu verstehen: Wenn in der Traditionellen Chinesischen Medizin von Milz, Leber oder Niere die Rede ist, dann meint man nicht das einzelne Organ im schulmedizinischen Sinn. Es handelt sich vielmehr um ganze Funktionskreisläufe, die sich durch den gesamten Körper ziehen und viele verschiedene Prozesse umfassen. Sie tragen den Namen eines Organs, sind aber viel weitreichender zu verstehen. So können Leber-, Milz- oder Nierenwerte im Blutbild völlig normal sein – und trotzdem kann es in der TCM-Diagnose eine Störung in einem dieser Funktionskreise geben.
Nach der chinesischen Vorstellung entsteht Krankheit dann, wenn der Energiefluss in diesen Bahnen ins Stocken gerät oder blockiert wird.

Und wie steht es mit Dünn- und Dickdarm?

Bravo! Gut aufgepasst! Da fehlt ja noch etwas. In der TCM haben diese beiden Funktionskreisläufe eher eine ergänzende Rolle: Der Dünndarm ist für das „Feinsortieren“ zuständig, er trennt noch einmal das Klare vom Trüben und unterstützt so die Milz. Der Dickdarm kümmert sich um die Ausscheidung des Unbrauchbaren – er sorgt dafür, dass der Körper Lasten wieder loslassen kann. Man könnte also sagen: Ohne die Mitte – ohne Milz, Leber und Niere – fehlt die Grundkraft; ohne Dünn- und Dickdarm fehlt die Möglichkeit, Überflüssiges loszuwerden. Beim Lipödem stehen die Mitte-Organe im Vordergrund, doch die Verdauungsorgane spielen durchaus eine unterstützende Rolle.

Die drei Säulen im TCM-Verständnis des Lipödems

Aus Sicht der TCM sind es vor allem die Funktionskreise von Milz, Leber und Niere, die beim Lipödem eine entscheidende Rolle spielen. Die Milz, weil sie für die „Verarbeitung und Transformation“ der Nahrung verantwortlich ist – sie entscheidet, ob Flüssigkeiten klar zirkulieren oder ob sie als überschüssige Feuchtigkeit und Schleim im Gewebe stagnieren. Die Leber, weil sie für den freien Fluss der Energie sorgt: wenn sie staut, kann alles ins Stocken geraten, Flüssigkeiten sammeln sich und Schwellungen entstehen. Und die Niere schließlich liefert das tiefe, ursprüngliche Feuer, die Kraftquelle, die überhaupt erst ermöglicht, dass die anderen Organe ihre Arbeit leisten können. Gerät eine dieser drei Säulen ins Ungleichgewicht, ist das ganze System betroffen – und gerade beim Lipödem zeigt sich dieses Ungleichgewicht häufig sehr deutlich.
Darum wollen wir uns heute zunächst der Milz widmen. Sie ist so etwas wie die „Mitte des Menschen“ und ihr Zustand bestimmt, ob wir Leichtigkeit oder Schwere empfinden – nicht nur im Bauch, sondern im ganzen Körper. In den kommenden Beiträgen werden wir dann noch die Leber und die Niere genauer betrachten, denn auch sie haben ihre ganz eigene Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lipödem.

Die Milz als Schlüssel beim Lipödem

​Wenn wir das Lipödem aus Sicht der TCM betrachten, fällt der Blick immer wieder auf die Milz. Sie ist so etwas wie die Hüterin der inneren Klarheit. Ihre Aufgabe ist es, die Essenzen aus unserer Nahrung herauszufiltern, die Säfte zu reinigen und überschüssige Feuchtigkeit im Körper in gesunde Bahnen zu lenken.

Doch stell dir vor, in den Kochtopf des Magens wandert immer wieder kaltes, nasses oder schweres Essen: Rohkost direkt aus dem Kühlschrank, Joghurt, Eis, kalte Getränke oder fettige Mahlzeiten, die nicht richtig gekaut wurden. Das innere Feuer, das für die Umwandlung gebraucht wird, erlischt langsam – wie ein Kamin, in den man ständig nasses Holz legt.

Ohne dieses Feuer kann die Milz ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. Statt die Flüssigkeiten klar zu trennen, sammelt sich etwas Trübes und Zähes im Körper an: die TCM nennt es „Schleim“ (Tan). Dieser Schleim ist nicht nur eine vorübergehende Last, er kann sich tief im Gewebe ablagern. Mit der Zeit verdichtet er sich, verhärtet und wird zu einer schweren Substanz, die uns wortwörtlich beschwert. In der chinesischen Medizin gilt das als Grundlage für Schwellungen, Verhärtungen, ja sogar Tumore – und eben auch für das, was wir heute als Lipödem kennen.

Wenn Gedanken schwer im Bauch liegen

​Die Milz ist nicht nur für die Verdauung unserer Nahrung zuständig, sondern auch für die Verdauung unserer Gedanken. Sie kümmert sich darum, dass wir das, was wir erleben, aufnehmen, sortieren und verarbeiten können – ähnlich wie bei einem Mahl, bei dem aus vielen Zutaten eine klare Essenz herausgefiltert wird.

Doch wenn wir uns im Kreis drehen, wenn Sorgen wie eine Endlosschleife durch den Kopf ziehen oder wir uns in Grübeleien verlieren, dann geschieht etwas Ähnliches wie bei schwer verdaulichem Essen: Das System wird träge, es entsteht „mentaler Schleim“. Man könnte sagen, die Gedanken werden zäh, klebrig und setzen sich fest – nicht nur im Kopf, sondern sie hinterlassen Spuren im ganzen Körper.

Über die Zeit verwandelt sich auch diese Schwere in etwas, das buchstäblich spürbar wird. Deshalb ist es nicht nur entscheidend, womit wir uns ernähren, sondern auch, womit wir uns innerlich nähren. Ein liebevoller Gedanke kann leicht und stärkend wirken, während Sorgen uns niederdrücken wie feuchte Erde nach einem langen Regen.

Darum lohnt es sich, während des Essens auf eine lichte, ruhige Atmosphäre zu achten. Keine schweren Gespräche, kein Problemwälzen am Tisch. Stattdessen bewusstes Kauen, ein wärmendes Gericht und vielleicht ein paar freundliche Worte. Auf diese Weise schenken wir der Milz nicht nur körperliche, sondern auch seelische Unterstützung – und erlauben ihr, ihre Aufgabe als Hüterin der Klarheit und Leichtigkeit zu erfüllen.

Kleine Alltagsrituale für eine starke Milz

​Die Milz liebt Wärme, Ruhe und Struktur – alles, was ihr dabei hilft, aus Nahrung und Gedanken Klarheit und Kraft zu gewinnen. Deshalb geht es nicht nur darum, was wir essen, sondern auch wie wir uns dabei fühlen.

Schaffe dir beim Essen einen Raum der Freundlichkeit. Vermeide es, währenddessen schwere Themen zu besprechen oder in Grübeleien abzutauchen – die Milz braucht Leichtigkeit, um ihre Arbeit gut zu tun. Kauen ist wie ein kleiner Liebesdienst an ihr: je gründlicher du kaust, desto leichter fällt es ihr, die Essenz zu extrahieren und dir Energie zu schenken. Gönne dir außerdem ausreichend Zeit, um Mahlzeiten wirklich zu genießen – am besten warm und gekocht, denn Wärme entzündet das innere Feuer und hält es am Brennen.

Auch kleine Routinen können deine Milz entlasten: Iss regelmäßig und möglichst zu festen Zeiten, damit dein Körper Rhythmus und Verlässlichkeit spürt. Verzichte, wenn möglich, auf hastiges Essen im Stehen oder nebenbei. Ein kurzer Moment der Dankbarkeit vor dem ersten Bissen kann deine innere Haltung verändern – und das Mahl in einen nährenden Akt verwandeln, der Körper und Seele gleichermaßen stärkt.

Die Milz freut sich über warme Getränke, über Suppen, Eintöpfe und gekochtes Gemüse, über Gewürze wie Ingwer oder Zimt, die das innere Feuer nähren. Und sie dankt es dir, wenn du zu viel Kälte und Feuchtigkeit meidest – also weniger Rohkost, weniger Kaltes direkt aus dem Kühlschrank, weniger Süßes und Schweres, das ihr die Arbeit erschwert.

Auf diese Weise hilfst du ihr, Schleim und Schwere loszulassen und stattdessen Klarheit, Energie und Leichtigkeit in deinem ganzen Körper zu verbreiten.

Fazit

Aus Sicht der TCM ist das Lipödem also kein isoliertes Phänomen, sondern u.U. Ausdruck eines gestörten Gleichgewichts im Funktionskreis der Milz.
Indem du deine Milz stärkst – über Ernährung, Lebensstil und den Umgang mit deinen Gedanken – kannst du deinem Körper helfen, Feuchtigkeit und Schleim besser zu transformieren.

In weiteren Beiträgen schauen wir uns dann auch an, wie die Leber und die Niere ins Bild passen – und wie  dir alles zusammen eine neue Sichtweise auf das Lipödem eröffnen kann.